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  • AutorenbildKathie

Du konntest nicht in meinem Bauch wachsen - aber du bist MEIN Baby

Wir sitzen gemütlich bei Kaffee und selbstgemachten Keksen. Selbstgemacht von Manuela (41 Jahre) und ihrer großen, fast 4 Jährigen Tochter.


Unsere beiden Großen kennen sich schon seit der Krippe und nun aus dem Kindergarten und werden gerade zu dicken Freundinnen. Sie kneten oder tuschen im Kinderzimmer und machen wahrscheinlich gerade eine Menge Blödsinn, während die kleine Tochter meiner Gastgeberin zu unseren Füssen rumkrabbelt und immer wieder mit Greta und mir "GuckGuck" spielt.


Wir plaudern über den Kindergarten, das Mamaleben und über ein Thema, zudem ich immer schon soviele Fragen hatte.


Ich habe mich getraut sie zu stellen und Manuela (und ihr Mann Christian) haben sie beantwortet, so herrlich unverblümt und ehrlich.


Heute geht es um Adoption.


Liebe Mauela, ich freue mich sehr, dass du zugestimmt hast, dass ich über euch schreiben darf und dass du bereit bist mir Fragen zu beantworten. Ich glaube es gibt eine totale Hemmschwelle bei vielen, weil sie mit Fragen nicht verletzen wollen. Unausgesprochen ist Adoption ein Tabuthema. Vielleicht, weil vor einer Adoption OFT (nicht immer) das Thema unerfüllter Kinderwunsch im Raum stand.

Magst du mir erzählen, wie das bei euch war?


Ich habe kein Problem darüber zu sprechen und wir gehen super offen mit dem Thema um.

Seit ich 24 Jahre alt war, weiss ich, dass ich nie selbst Kinder bekommen werde. Ich bin aufgrund einer schweren Erkrankung unfruchtbar.

Das ist natürlich bis heute irgendwie ein Thema, nie leibliche Kinder bekommen zu können.

Erst nach 9 leider nicht erfolgreichen künstlichen Befruchtungen haben wir uns dann intensiv mit dem Thema Adoption beschäftigt. Als klar war, dass eine Schwangerschaft wohl nicht sein sollte.


Wir hätten ALLES für ein Kind getan. Für uns kam auch eine Auslandsadoption in Frage, denn wir konnten uns nicht vorstellen OHNE Kinder zu leben. Das war schlicht keine Option.

Klar war: Wir gehen jeden Weg.


Heute ist es inzwischen auch kein Thema mehr Schwangere zu sehen. Das war auch eine Zeit ganz anders.


Wie läuft denn so eine Adoption ab, oder besser: Wie lief es bei euch ab?


Man stellt am Anfang erstmal einen Adoptionsantrag. Das bedarf viel Vorbereitung. Jedes Jugendamt macht das anders, aber in der Regel muss man Fragebögen ausfüllen, Lebensberichte abgeben - von beiden Elternteilen - und Weiteres. Alles wird genau gecheckt, von der Wohnung bis zum Einkommen. Auch Hintergrundchecks werden gemacht und die Lebensumstände werden bei Besuchen begutachtet.


Das ist ja auch gut so. Schließlich wird einem im besten Fall dann ja ein Kind anvertraut...


Absolut!

Und wenn dann alles gut ist bekommt man eine Bescheinigung, dass man ein geprüfter Adoptivbewerber ist.

Ein so genannter Sozialbericht ist das.


Und dann beginnt das Warten?


Genau. Es gibt Bewerber, die leider nie den Anruf erhalten. Nur eines von 7-12 Paaren bekommt ein Kind. Manche warten 2 Jahre oder sogar länger. Das kann wirklich zermürbend sein - und gleichzeitig aufregend.


Wie lange musstet ihr warten?


Der Anruf der ALLES veränderte, dieser eine Anruf kam genau 2 Wochen später. Nur zwei Wochen!

"Frau F.: Sie wissen, dass ich anrufe, weil wir ein Kind für sie haben?"

Ein Satz, den ich nie vergessen werde.

Weil der Anruf so schnell kam dachte ich, es ginge nur um eine weitere Überprüfung oder eine Frage des Jugendamtes. Nie hätte ich damit gerechnet, an diesem Tag bereits Mama zu werden.


Wie war dieser Moment?


Die Emotionen waren übergroß, ja überwältigend.

Wir werden Eltern!

Ein unglaublicher Moment.


Was passiert dann? Wie läuft das Ganze ab?


Wir haben sofort alle Sachen gepackt und sind losgefahren um unsere Tochter in Empfang zu nehmen.

In dem Moment, wo dir das Kind in dem Arm gelegt wird, ist es DEIN Kind und es gibt keinen Unterschied zu einem leiblichen Kind.


Unsere Große war zu dem Zeitpunkt 6 Wochen alt und in einer Bereitschaftspflege. Ohne Unterschrift der leiblichen Mutter, also ohne Zustimmung zur Adoption (wenn die Mutter beispielsweise nach der Geburt verschwindet, so wie in diesem Fall) gibt es meist auch eine gewisse Frist für die Mutter, noch zuückzukehren.


Danach gibt es dann noch einige andere Fristen und Anträge, bis die Adoption dann letztlich rechtskräftig ist.

Das ist aber alles individuell und bei jedem unterschiedlich. Nach Schmema X läuft da nichts.


Kennt ihr denn die leiblichen Eltern bzw. was wisst ihr da?


Grundsätzlich gibt es verschiedene Formen der Adoption. Anonym, teiloffen, komplett offen. Das ist je nachdem wie es vom Erzeuger gewünscht ist.

Vom Jugendamt bekommt man alle verfügbaren Informationen direkt mit dem ersten Anruf.

Wir wissen bei unseren Kindern nur bei der Kleinen, wer die Mama ist. Das finde ich gut und ich bin ihr sehr dankbar.

Die leiblichen Eltern haben eine schwere Entscheidung getroffen, die sicher nicht leicht war - aber zum Wohle ihrer Kinder. Es war die beste Wahl für die Mädchen.


Wissen die Kinder, dass ihr nicht die leiblichen Eltern seid?


Ja, die Kinder wissen das. Ich glaube es ihnen zu verheimlichen und es ihnen dann irgendwann zu sagen (oder sie bekommen es heraus) käme einem riesen Vertrauensbruch gleich. Wir gehen absolut offen damit um.


Ich sage ihr immer: Du konntest nicht in meinem Bauch wachsen, aber du bist MEIN Baby. Und der Kleinen werde ich dasselbe sagen.

Denn das ist die Wahrheit!


Und wie ist das jetzt? Das Mama sein?

Ist es noch ein Thema, dass eure Töchter nicht eure leiblichen Kinder sind?


Ich denke für den Alltag ist die Adoption absolut bedeutungslos. Sie spielt keine Rolle in Fragen der Erziehung.

Man liebt genauso, man macht sich die selben Sorgen.


Das haben wir ja gerade auch in unserem Gespräch eben zu Anfang gemerkt. "Was machst du in so einer Situation, wie würdest du damit umgehen, das bedrückt mich gerade."

DAS sind Gedanken die mich beschäftigen, die Tatsache der Adoption gar nicht.


Klar, irgendwie steht man schon ein wenig auf dem Prüfstand - natürlich guckt das Jugendamt bei uns genauer bzw überhaupt hin als in anderen Familien.

Aber ich habe nicht das Gefühl, dass man daher eine andere Art von Mama ist.

Ich bin genauso unzulänglich oder kompetent wie jede andere.


Verurteilt oder besonders geprüft von anderen Mamas fühle ich mich auch nie...Im Gegenteil: Wenn das Thema Adoption in Gesprächen unter Müttern aufkommt wird man eher glorifiziert. Schließlich hat man trotz vieler Überprüfung ein Kind bekommen, Da MUSS man das ja können.



Das Mama sein ist einfach in jedem Fall ALLES für mich. Es gibt nichts Schöneres.


Natürlich war die Selbstaufgabe, die man als Mutter durchlebt, anfangs schwer. Es ändert sich ja alles. Das ist natürlich bei jeder Mama so... aber leibliche Mütter haben immerhin 40 Wochen Vorbereitungszeit.


Was sind denn eure größte Ängste in Bezug auf die Adoption eurer zwei Mäuse?


Am meisten sorge ich mich, dass die Beiden ihr Urvertrauen verloren haben, dadurch, dass sie ihre Mutter, dessen Herz sie immerhin 9 Monate haben schlagen hören, so früh verloren haben.

Ich habe Angst, dass sie dadurch Probleme bekommen. Dies ist leider häufig bei diesen Kindern der Fall.

Ich wünsche mir sehr, dass wir ihnen genug geben können, damit sie den Verlust nicht spüren.


Übrigens war das auch einer der Gründe, warum wir nun zu viert sind: Durch die zweite Adoption können sich die Kinder gegensietig unterstützen. Sie sitzen im selben Boot und sind nicht alleine in der Situation.


Außerdem habe ich natürlich Angst davor, dass sie irgendwann rebellieren und dann Dinge wie "Du bist nicht meine Mama!" sagen. Aber Rebellion gehört wohl in der Pubertät dazu und das hat nichts mit der Adoption zu tun. Dennoch wäre das sicher hart zu hören.


Und was sind eure Wünsche/ Ziele?


Wir haben eigentlich keine besonderen Projekte oder Ziele. Wir möchten einfach eine Familie sein. Mit den Kindern reisen und ihnen die Welt zeigen vielleicht. So etwas.

Ganz normale DInge.


Liebe Manuela, ich danke dir sehr für deine Zeit und deine Antworten.

Ich wünsche dir und deiner Familie nur das Beste... und nun lass uns anfangen die Elsa-Party für die Geburtstage unserer Großen zu planen!

Danke!







Edit: Dieser Text stellt keinerlei Rechtsauskunft dar! Adoption ist so individuell wie es jedes Kind ist. Sprecht mit eurem Jugendamt wenn ihr konkrete Fragen habt!


Habt ihr noch Fragen? Dann stellt sie gern, ich leite sie gern weiter.













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