Gestern Abend hab ich bei einer Bloggerkollegin von mir einen Beitrag über ihren Familienalltag gelesen.
Könnt ihr hier lesen: https://runzelfuesschen.de/jammer-nicht-soviel-so-sieht-mein-familienalltag-wirklich-aus/
Sie beschreibt dort einen ganz normalen Tag und fordert uns alle auf, das auch zu tun.
Warum das? Es geht darum einfach zu zeigen, was wirklich hinter dem Begriff "Vereinbarkeit" (vgl. auch meinen letzten Beitrag, hier: https://www.weisheitundperle.com/post/vereinbarkeit-und-jetzt) steckt. In dem Beitrag heisst es am Ende:
"Zeigt euren Familienalltag, wie er wirklich ist.
So, und jetzt seid ihr dran. Ich wünsche mir 1000 Tagesabläufe von anderen Eltern. Weil ich davon überzeugt bin, dass wir nur dann Dinge verändern, wenn wir wissen, worüber wir reden. Und Familienalltag ist einfach so individuell, wie es Familien sind.
Wie läuft es bei euch? Was bekommt ihr super hin, was gar nicht? Ich will, dass wir zeigen, wie es Familien gerade wirklich geht.
Ihr kommt super zurecht und liebt diese Zeit? Dann zeigt das! Euch geht es eher wie mir und ihr könnt euch vor Erschöpfung kaum noch auf den Beinen halten? Dann hoffe ich, ihr habt die Kraft darüber zu berichten. Lasst uns sichtbar machen, was gerade los ist!"
Ich nehme das heute zum Anlass, diesen Blog zu entstauben (Staub hat er AUFGRUND meines Alltags) und euch daran teilhaben zu lassen.
Edit: Keine 2 Stunden nachdem ich diese Zeilen geschrieben habe, kam die erlösende Mail der Kita: Ab Montag geht es wieder los mit der Betreuung.
Ich möchte weinen vor Glück.
Vieles bleibt natürlich dennoch wie es gerade ist.
Deshalb die Veröffentlichung trotz Wiedereröffnung.
Ich habe versucht darzustellen, was sich aussen abspielt... aber auch innen. Natürlich zeigt es nur einen Bruchteil.
05:15 Uhr
Mein Wecker klingelt. Leider wird Sophia dadurch ebenfalls wach.
Normalerweise bin ich immer schon vor dem Klingeln auf, aber gestern habe ich noch viel zu lange Wäsche gemacht und war daher zu spät im Bett.
Sophia klettert zu mir unter meine Decke. Sie ist noch müde und weint und beschwert sich, dass Greta heute Nacht schon wieder bei mir geschlafen hat während sie in ihrem Bett geblieben ist.
Sie sucht ihren Platz und meine Aufmerksamkeit. Findet das unfair. Irgendwie verständlich.
Ich sehe meine Morgenroutine dahin schwinden. Okay, dann eben ein anderer Start in den Tag. Wir versuchen das Beste daraus zu machen.
05:32 Uhr
Ich springe schnell unter die Dusche, während Sophia, die inzwischen auch Greta geweckt hat, mit eben jener streitet. Ich muss kurz schimpfen, im Interesse der Nachbarn, deren Nacht sonst sicher auch vorbei wäre.
06:20 Uhr
Zähne putzen und Anziehen war heute Morgen eine absolute Katastrophe. Jetzt versuche ich es mit Frühstück. Brot? Bäh! Müsli? BÄÄÄÄHHHH! Ach egal, dann esst das blöde Schokocroissant eben.
Alles wird seit inzwischen über 1 Stunde von Sophias Genöle und Gemeckere begleitet. Es ist ein Schrei nach Aufmerksamkeit. Sie will gesehen werden.
Ich weiß das, habe aber gerade leider nur bedingt Zeit ihr Bedürfnis zu erfüllen. Ich schmiere Brote für die Kita und packe die Tasche für Sophias Tanzstunde am Nachmittag. Nun bloß die gebastelten Eiskristalle nicht vergessen, wir wurden ja extra nochmal erinnert, die Dinger mit zu bringen.
Ich muss mich auch noch darum kümmern, dass jemand Sophia zur Tanzstunde bringt. Wenn ich Glück habe schaffe ich es dann sie selbst abzuholen, im besten Fall halbwegs pünktlich.
06:45 Uhr
Ich wollte mir gerade einen Kaffee machen, aber das Drama geht im Runde 568. Diesmal geht um die Auswahl der Brotdosen. Ich merke wie gleichzeitig die Anspannung steigt und die Müdigkeit zunimmt.
07:25 Uhr
Wir mussten noch das Eulen-Kuscheltier suchen und Greta umziehen, da die Schokolade aus dem Croissant eher auf ihr als in ihr ist. Anziehen und Zähne putzen geht also von vorne los.
Viel zu spät verlassen wir vier gleichzeitig das Haus. Ich bin durchgeschwitzt und könnte eigentlich schon wieder duschen gehen.
Auf dem Weg in die Kita stelle ich fest, dass ich an alles gedacht habe… nur an meine eigenen Sachen natürlich nicht. Wasser, Dienstkarte, Geldbörse und Frühstück liegen noch zu Hause.
Also schnell Kinder abgeben (dabei noch trösten, Tränen trocknen, Abschiedsschmerz begleiten und auffangen) und dann erstmal wieder nach Hause, Sachen holen.
Ich habe um 09.00 Uhr meine erste Beratung und muss das noch vorbereiten… das wird knapp.
07:50 Uhr
Ich bringe die Sachen die Sophia zum Tanzen braucht zu meiner Mama, da diese die Kinder heute dankenswerterweise aus der Kita holen und betreuen wird. Ich bin total angespannt und kurz angebunden.
Ich merke, dass das Mama nervt, sie wollte ja nur schnell eine Frage stellen.
Meine schroffe Art tut mir sofort leid. Ich muss dennoch los, bin einfach zu sehr in Eile.
08:10 Uhr
Verdammt, ich habe die Vollsperrung vergessen.
Also, zurück oder die Umleitung fahren? Ich drehe, denn die andere Strecke kenne ich nicht. Es kostet Zeit.
Im Radio singen die BackstreetBoys gerade „Sometimes I wish I could turn back time, impossible as it may seem!“ Es klingt wie der blanke Hohn.
Ich versuche durchzuatmen.
Habe ja schließlich so wahnsinnig viel und oft geübt Stress loszulassen, mich zu erden. Aber selbst die Pausen zwischen zwei Atemzügen, in denen gar nichts ist und in denen man Ruhe finden kann, helfen mir gerade nicht.
Ich versuche es mit lauter Musik über Spotify, einem Hörbuch und meinem Lieblings-Podcast. Keine Chance.
Ich denke an Sophia, die mehr Aufmerksamkeit braucht und gerade sicher müde ist. Sie tut mir wahnsinnig leid. Ich darf aber auch mein Gretchen dabei nicht vergessen. Ich hoffe sehr, dass meine Nichte heute auch bei meiner Mama sein wird, damit Greta mit ihrer Cousine spielen kann wenn Sophia zur Tanzstunde fährt.
Das wäre zwar mehr Arbeit für Mama, was mir wiederrum leid tut… dennoch.
Ganz ehrlich? Gerade würde ich am liebsten umdrehen, mich krank melden, die Kids holen und mit ihnen ans Meer fahren. Einfach so.
Ich mache es natürlich nicht. Es ist einfach nicht meine Art, nichts was ich machen würde. Also ans Meer fahren schon, schwänzen nicht. Pflichtbewusst fahre ich weiter und frage mich gleichzeitig, wohin mich das führt.
08:34 Uhr
Endlich im Büro. Zur Begrüßung die Frage: Wieso bist du denn so spät? Nicht vorwurfsvoll, gar nicht, eher besorgt. Dennoch Salz in der Wunde. Mein Rechner fährt hoch.
Ich gehe erstmal in die Teeküche und mache mir einen Kaffee. Die Milch ist leer. Er schmeckt scheisse.
09:10 Uhr
Ich rufe meinen ersten Klienten an. Seit Corona sehe ich ja niemanden mehr persönlich. Mir fehlt die nonverbale Kommunikation, viel geht in der Beratung verloren. Ich bin genervt. Mein Gesprächspartner sicher auch.
10:18 Uhr
Nachricht von meiner Mama: „Du warst so genervt heute Morgen und gestresst! Muss das immer sein?“
Ich ärgere mich. Was heißt hier immer? Außerdem hatte ich es einfach eilig….!
Ich revidiere diesen Ärger/ Gedanken fast augenblicklich und versuche mir vor Augen zu halten, dass ich (genau wie sie in meinen) ja nicht in ihren Schuhen gelaufen bin. Vielleicht hatte sie eine schlaflose Nacht, wie leider so oft oder hatte Rückenschmerzen und konnte meine Eile einfach nicht vertragen.
Ich entschuldige mich und nehme mir vor, meinen Stress nicht auf sie zu übertragen.
11:20 Uhr
Ich habe schon drei Gespräche geführt, viel erreicht leider noch nicht.
Mein Herz klopft wie wild, weil ich immer noch nicht weiss, wie die Betreuung ab nächster Woche stattfindet, wie ich diese Woche überstehen soll und weil ich darüber nachdenke, was ich noch alles erledigen müsste.
Halt Stop! Das ist ja genau falsch. Ich möchte nicht auf den Feierabend warten oder das Wochenende, den nächsten Urlaub oder die Rente. Ich möchte JETZT leben.
Es bringt nichts sich Gedanken über Dinge zu machen, die noch nicht geschehen sind.
Ich denke an das Gesetz der Anziehung: Wenn ich nur an meinen Stress festhalte, werde ich mehr Stress bekommen. Ich versuche meine Gedanken ins Positive umzuwandeln und ins hier und jetzt zu kommen. Es klappt nur bedingt.
13:02 Uhr
Noch nichts gegessen heute, ausser die versehentlich verschluckte Zahnpasta am Morgen. Die Mittagspause muss trotzdem ausfallen. Ich schaffe es sonst nicht rechtzeitig aus dem Büro.
17:15 Uhr
Eigentlich muss ich genau JETZT Sophia holen. Ich packe meine Sachen, die Fahrt ist aber noch 35 Minuten lang. Wenn ich gut durch komme heisst das.
Natürlich habe ich mich bereits darum gekümmert, dass ihr Opa da sein wird um bei ihr zu sein bis ich komme. Ein schlechtes Gewissen habe ich dennoch. Ich nehme mir vor heute Abend ganz viel bewusste Zeit mit ihr zu verbringen.
18:13 Uhr
Alle Kinder sind eingesammelt und wir vier sind wieder zu Hause. Der Mann hatte auch einen sehr langen Tag. Nach einem durchgearbeiteten Wochenende (wie es an jedem zweiten der Fall ist) sind die Montage bei ihm einfach noch anstregender.
Aber es hilft alles nichts: Jetzt müssen wir Abendessen vorbereiten, die Kinder müssen noch baden und dann ins Bett gebracht werden.
Brot haben wir auch schon wieder keins da. Heute morgen habe ich ihnen schon getoastetes Weißbrot mit in die Kita gegeben. Wird nicht gern gesehen. Stimmt ja auch – ist ungesund.
Ist aber einfach meist verfügbar, im Gegensatz zu frischem und dunklerem Bäckerbrot.
Ich sehe schon kommen, dass ich heute wohl wieder nicht joggen gehen werde.
19:46 Uhr
Aus der Qualitytime mit den Kids wurde leider auch nichts. Wir haben es gerade mal so geschafft mit ihnen beim Essen über ihren Tag zu sprechen.
Zwischen Nudelsauce auf den Sachen (Jaja, schon wieder Nudeln… geht halt schnell!) und der Beschwerde von der völlig übermüdeten Sophia (das sie keinen Nachtisch vorm Essen darf) lässt es sich aber schwer über den Tag in der neuen Gruppe sprechen, in die Greta aufgrund der Pandemie nun geht. Keine Umgewöhnung in den Kindergarten, eher ein ins kalte Wasser – Geschmissen für die Kleine. Sie macht das toll, kann das aber nicht mal richtig erzählen in dem Gewusel.
20:13 Uhr
Mein Schädel brummt. Ich fürchte der Kopf explodiert. Ich muss aufpassen, dass ich bei der Einschlafbegleitung nicht auch einschlafe, muss nämlich unbedingt noch was im Haushalt tun. Könnte ich lassen, klar. Aber irgendwann muss das ja nunmal auch gemacht werden. Sonst gibt’s bald keine sauberen Teller mehr und keine gewaschene Unterhose. Und ich mache mir auch keine Hoffnungen dass es am nächsten Tag plötzlich mehr Zeitfenster gibt, wie durch Zauberhand.
21:10 Uhr
Wiederholt heute die Überlegung, wie ich aus dem Hamsterrad komme. Ich liebe meinen Job, würde ihn nie aufgeben... aber mit ein bisschen mehr finanzieller Unabhängigkeit wäre doch alles noch leichter, oder? Also doch mehr arbeiten? Oder einen Nebenjob machen? Vielleicht sowas wie Networkmarketing? An Angeboten mangelt es ja nicht. Oder ich fange an, hier Werbung zu machen. Das Schreiben ist schließlich mehr als ein Hobby, eher eine Leidenschaft. Aber damit das überhaupt jemand liest braucht es viel mehr Arbeit drumerum.. und die kostet Zeit.
Zeit, die ich nicht habe.
Ist ja ohnehin schon fast nicht zu schaffen, ohne das die Mädchen viel zu kurz kommen. All das fällt also aus. Erstmal.
Ich muss wohl doch im Lotto gewinnen.
23:10 Uhr
Mist, schon wieder so spät! Den Abend habe ich mal wieder zwischen Rechner und Haushalt verbracht, mit meinem Mann habe ich kaum gesprochen. Paarzeit ade. Ich verspreche mir selbst Besserung.
Hoffentlich bin ich morgen vor dem Wecker wach.
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