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  • AutorenbildKathie

Die Ruhe nach dem Sturm?

Gestern hatte ich ja über einen Tag geschrieben, der gar nicht mal so gut lief. Ich dachte heute zeige ich dafür mal, wie es AUCH laufen kann. 05:15 Uhr Ich bin seit ein paar Minuten wach und habe den Wecker schon ausgestellt. Alle schlafen noch, draussen ist es bereits hell und ich höre nichts als die Vögel und den Nachbarn, der mal wieder 2 Tage zu spät, dafür in aller Hergottsfrühe die Mülltonne wieder von der Straße holt.

Ich lächle über diese Eigenart, jeder wie er mag.

Heute ist Zeit für meine Morgenroutine: Ich mache ein bisschen Wach-werde-Yoga im Bett, 5 Minuten etwa. Klingt toll oder?

Im Grunde räkel und strecke ich mich nur ein bisschen in alle Richtungen. Ich schmeisse mich in meine Sportsachen und gehe raus, 20 Minuten, Sonnenaufgang beobachten. Meist führt mein Weg dann zum Bäcker, Brötchen für alle besorgen. Es ist bei meiner Rückkehr sogar noch Zeit zu meditieren.

Heute ist es eine geführte Meditation mit vielen tollen Affirmationen. Die positive Energie wird mich durch den Tag tragen. 06:15 Uhr Unter der Dusche höre ich, wie zwei kleine nackte Füsse angetapst kommen. Sophia begrüßt den Tag mit „Guten Morgen Mama! Hast du gut geschlafen?“ und einem Lächeln. Ich stecke meinen Kopf aus der Dusche und küsse sie. Sie lacht, weil sie einen Tropfen abbekommen hat. 06:30 Uhr Mit einem Kaffee und fertig gemacht klettern Sophia und ich ins Familienbett zu Greta und Flo. Ich küsse und kitzle meine Kleine wach. Heute spiele ich dafür Instrumente auf ihr: Ich trommle sanft auf ihren Beinen, spiele Klavier mit meinen Fingern auf ihrem Bauch und pruste an ihren Hals wie in eine Trompete. Sie ist noch keine Minute wach und lacht sich laut kaputt. Herrlich! 06:40 Uhr Auf dem Weg aus dem Bad zurück ins Familienbett (wir haben noch ein paar Minuten bis zum Aufstehen) bringt Flo die Handpuppen-Eule mit. Die Mädels lieben sie! Er legt eine kleine Beatbox-Einlage hin und Sophia und Greta schmücken die Eule mit Sonnenbrille und Ketten. Wir haben nun also eine Rapper-Eule. Alle freut’s, nur die Eule wohl nicht. 07.15 Uhr Wir sitzen angezogen am Frühstückstisch, die Brote sind fertig und alles ist gepackt. Es bleibt sogar Zeit kurz durchzuatmen, bis es losgeht. „Danke, dass ich ein Sommerkleid anziehen durfte, Mama!“ sagt Sophia. Dank nicht mir, danke dem Wetter, mein Kind. 08:15 Uhr Die Kids sind heute pünktlich in der Kita gewesen, hier ist die Stimmung viel gelöster, weil endlich klar ist, wie es weitergeht. Die Mädels spüren das, sind entspannt, freuen sich auf ihre Freunde. Ich bin auf dem Weg ins Büro und schon fast angekommen. Gerade gröle ich laut bei „Blinding Lights“ von The Weeknd mit, als die Sonne durch eine Wolke bricht. Es ist atemberaubend schön. Die Strahlen reichen bis runter auf die Straße. Ich fahre kurz rechts ran um den Anblick zu genießen, schließlich liege ich gut in der Zeit.


Ich mache den Zirkelschluss: Ich freue mich tierisch darüber, dass ich mich darüber freuen kann. Hoffentlich wird sich das nie ändern, dass ich bewusst im Moment die kleinen und großen Dinge im meinem Leben sehe. Manchmal den lila Himmel, manchmal die Tatsache dass ich zwei so zuckersüsse, tolle Töchter hab, manchmal auch nur, dass eine Kommunikation funktioniert hat. Oder dass ich schreiben kann. 12:00 Uhr Ich habe heute bereits 3 Gespräche geführt und das Gefühl, viel erledigt zu haben. Außerdem konnte ich den dreien helfen, das ist das Tolle an meiner Arbeit. Ich mache eine Mittagspause und dabei einen Spaziergang, das Wetter ist super. Habe sogar an meine Maske und meinen Kaffeebecher gedacht und hole mir beim Bäcker einen Quark-Erdbeer-Müsli und einen Cappucino-to-go. Lässt sich aushalten. 15:50 Uhr Feierabend! Heute hole ich die Kids von Mama ab. Wir haben noch gut 2,5 Stunden bis es in den Abendrythmus geht. Ich überlege noch auf einen Spielplatz zu fahren, die Kids sind aber mitten im Spiel vertieft im Sandkasten. Ich trinke daher noch in Ruhe einen Kaffee mit meiner Mama und lege bei ihr im Garten die Füße hoch. 17:20 Uhr Auf dem Weg nach Hause halte ich beim Supermarkt und hole Abendessen. Vor dem Kochen gehen die Kinder und ich noch ein Stück im nahgelegenen Wald spazieren. Greta nennt den Trimm-Dich-Pfad dort immer „Sportwald“. Die Mädels lieben das: Es ist ein riesiger Naturspielplatz. Wir finden noch einen bunten „Corona-Stein“ dort und verstecken ihn direkt weiter. Sophia nimmt sich vor selbst noch ein paar zu bemalen, damit „sich auch andere Kinder dann freuen“. Ich feiere sie für ihre Empathie. 18:50 Uhr Pappsatt, zufrieden und ohne Kopfschmerzen geht’s ins Bad. Zähne putzen geht ebenfalls ohne Drama und das anschließende Geschichte-Vorlesen übernimmt heute Sophia für mich.

Sie kann natürlich nicht wirklich lesen, aber sie hat diese Lieblings-Geschichte sooft gehört, dass sie sie auswendig aufsagen kann. Greta findet es toll wenn ihre Schwester vorliest. Die kann so gut Stimmen nachmachen.


Zum Schlafen singe ich dann beiden noch ein Lied. Danach sagen wir uns immer eine Sache, die wir heute aneinander toll fanden um den Tag positiv und mit gutem Gefühl zu beenden. Außerdem sage ich ihnen immer nochmal wie stolz ich auf sie bin und dass sie toll sind. Ich sage ihnen, dass sie alles erreichen können, was sie wollen und sicher sind und geliebt werden. Danach frage ich stets: Weisst du noch, wie lieb ich dich hab? Sie antworten dann immer: „Von hier (sie zeigen auf ihren Scheitel), den gaaaaaaaaaanzen Weg runter bis hier (sie tippen an ihre Füsse) und an der anderen Seite wieder hoch!“ Dann fragen beide mich immer: „Hier auch?“ und tippen an verschiedene Stellen ihres Körpers. Ich antworte dann immer mit: „Ja, da auch! Und da und da und da!“. Ich liebe dieses Abendritual. Ich hoffe meine Worte werden sie begleiten, auch wenn ich sie Ihnen nicht mehr jeden Abend sagen kann (weil sie ja hoffentlich irgendwann ausziehen und ich fürchte dann wollen sie nicht mehr, dass ich allabendlich neben ihrem Bett stehe). 19:30 Uhr Beide schlafen und ich beschließe mein Handy und meinen Rechner im Schlafzimmer zu lassen. Die Welt hat Pause. Ich gönne mir ein Alster mit Flo und höre mir an, dass ich mal wieder die Spülmaschine falsch bepackt habe, was sowas wie ein Running Gag bei uns ist, und träume ein bisschen vom Urlaub mit ihm. Morgen habe ich übrigens frei. Vielleicht gehe ich mit den Kids in den Tierpark. Ist ja auch ein Miniurlaub. _______________________________ Ja, entgegen dem gestrigen Text gab es auch Tage, an denen ich die „Coronaferien“ (Unwort des JAHRTAUSENDS!) genießen konnte. Es gab Tage, an denen die Zeit wie im Flug verging und wo alles leicht schien und unkaputtbar. Ich liebe meine Kinder. Überflüssig das zu sagen. Eigentlich sogar völlig lächerlich, dass ich das nochmal betonen muss. Dennoch freue ich mich, dass wir ab kommender Woche wieder ein Stück Normalität gewinnen. Ich freue mich auch für meine Beiden, denn sie sind wieder unter Freunden und bei Bezugspersonen, können lernen und sich entwickeln. Und zum Schluss kurz Klartext: Auch wenn es gute Tage in dieser Zeit gab: immer noch kommt mir die Galle hoch wenn der 48jährige Norbert, kinderlos mit guten Einkommen, sich bei Facebook unter einem Spiegel-Artikel echauffiert, wir hätten ja „keine Kinder bekommen müssen“ „es uns vorher überlegen müssen“, und das wir uns ja mal „selbst um die Nachkommen kümmern könnten!“ Leider hat Norbert nichts verstanden. Leider haben so viele nichts verstanden! Auch wenn ich einen guten Tag hatte und auch obwohl bei uns die erlösende Nachricht bereits kam: Ich bin immer noch sauer. Sauer darauf, wie es lief. Sauer darüber, dass Familien tatsächlich vergessen wurden. Und immer noch werden! Sauer darüber, dass man denkt man könne uns mit einer 300-Euro Zahlung (einmalig und zu versteuern!) mundtot machen. „Hier bitte und nun seid ruhig!“ reicht an dieser Stelle nicht! Nicht mal im Ansatz. Ich bin sauer darüber, dass nun wieder vollbesetzte Urlaubsflieger auf Mallorca landen und Hedwig und Klaus dort Cocktails am Strand schlürfen dürfen, während viele Eltern weiterhin nicht wissen, wie sie Homeoffice und Betreuung regeln sollen. Ich bin sauer darüber, dass die Bundesliga wieder läuft, dass Shoppingcenter alle auf sind… aber das Betreuung immer noch hinten ansteht. Alle kehren langsam wieder in den Normalbetrieb zurück, ja, es wird ERWARTET, dass man wieder ins Büro kommt und seine Arbeit wieder schafft… dass sich für Eltern aber größtenteils noch nichts geändert hat wird einfach ausgeblendet. Und dann, wenn man sich gerade damit abgefunden hat evtl. seinen Job zu verlieren, seine Rente sowieso völlig desaströse Aussichten zeigt und man es geschafft hat heute nur zweimal heimlich in der Vorratskammer in Tränen auszubrechen, während man eine Tafel Schokolade isst… ja dann kommt die Nachricht, dass manche Bundesländer einfach alles wieder erlauben und Kinder ohne Schutzmasken und Abstandsregeln in die Schule sollen. Quasi als Versuchskaninchen. Wird schon schiefgehen!

Dass der nächste große Ausbruch so nur kurz auf sich warten lässt und bald wieder alles geshutdownt wird ist ja abzusehen. (Und ja, das ist ab jetzt ein Wort!) Und an wen wird dann wieder zuletzt gedacht werden?


Richtig, die Familien.

Aber wir sind einfach zu müde für eine Lobby. Selbst an guten Tagen.

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